Die Kunst des friedlichen Miteinanders

Als Züchter, der die Entwicklung und das Wesen des Rauhhaarteckels seit vielen Jahren begleitet, ist ein harmonisches und vertrauensvolles Verhältnis zwischen Hund und Mensch der Grundpfeiler aller Bemühungen. In der Erziehung des jungen Jagdbegleiters spielt das Ressourcenmanagement eine entscheidende Rolle, denn es beeinflusst maßgeblich, ob der erwachsene Hund seine wertvollen Besitztümer – sei es Futter, Spielzeug oder der Ruheplatz – vor dem Menschen verteidigen muss oder nicht.

In den vergangenen Jahrzehnten kursierte eine Erziehungsmethode, die heute als veraltet und sogar gefährlich eingestuft werden muss: die regelmäßige Entnahme des Futternapfes während der Mahlzeit des Welpen. Die Idee hinter dieser Übung war, dass sich der junge Hund daran gewöhnen würde, dass der Mensch jederzeit den Napf wegziehen kann, und somit keine Verteidigungsreaktion entwickeln würde.

Die modernen Erkenntnisse der Verhaltensforschung zeigen jedoch eindeutig, dass dieses Vorgehen nicht funktioniert. Bei einem Welpen, der bereits eine innere Unsicherheit oder eine Veranlagung zur Angst vor Verlust zeigt, bewirkt die ständige Bedrohung der Ressource das Gegenteil: Er lernt, dass die Annäherung des Menschen den Verlust der lebenswichtigen Mahlzeit bedeutet. Diese Situation erhöht das Stresslevel und kann dazu führen, dass der Hund anfängt, seinen Napf massiv zu verteidigen – sei es durch Knurren, Zähnefletschen oder im schlimmsten Fall durch einen Angriff. Aus Sicht des erfahrenen Züchters muss dieser Mythos entschieden entkräftet und diese Übung kategorisch abgelehnt werden.

Die eigentliche Aufgabe in der Welpenerziehung besteht nicht darin, Konkurrenz oder Angst zu erzeugen, sondern dem jungen Teckel zu vermitteln, dass Ressourcenverteidigung völlig unnötig ist. Der Hund soll lernen, dass die Anwesenheit des Menschen in der Nähe von Futter oder Spielzeug stets mit einer positiven Verstärkung verbunden ist. Das Ziel ist ein Hund, der sich nicht bedroht fühlt, wenn der Mensch sich nähert, sondern im Gegenteil etwas noch Besseres erwartet.

Dies lässt sich durch eine einfache, aber hochwirksame Methode trainieren, die auf dem Prinzip der Bereicherung basiert. Nähert sich der Mensch dem Welpen, während dieser gerade frisst oder einen Kauartikel bearbeitet, sollte nicht der Napf oder der Gegenstand weggenommen, sondern etwas viel Attraktiveres hinzugefügt werden.

Ein praktisches Beispiel dafür ist die Arbeit mit einer Knabberstange. Während der Welpe diese genießt, nähert sich der Mensch und gibt dem Hund zusätzlich ein kleines Stück einer besonders begehrten Leckerei, wie beispielsweise ein Stückchen Extrawurst. Durch die konsequente Wiederholung dieser Handlung verknüpft der Welpe die Annäherung des Menschen sofort mit einem Gewinn. Man kann beobachten, wie sich der junge Hund von seiner ursprünglichen Ressource abwendet, um auf die Zuwendung des Menschen zu warten, ohne jegliche Anzeichen von Angst oder Besitzverteidigung.

Im nächsten Schritt kann man das Prinzip des Tauschens einführen: Gibt man dem Welpen für die bereits bearbeitete Knabberstange eine gleichwertige oder noch bessere neue Knabberstange, lernt der Hund, dass die Interaktion mit dem Menschen in Bezug auf Ressourcen keinerlei Verlust bedeutet, sondern immer zu einem positiven Ergebnis führt.

Dieses Prinzip der Bereicherung und des Tauschens muss sich auf alle wertvollen Ressourcen erstrecken, insbesondere auch auf den Futternapf selbst. Anstatt dem Welpen die volle Ration auf einmal zu geben, kann der Mensch die Fütterung aktiv begleiten. Man gibt den Welpen zunächst nur einen Teil der Mahlzeit und führt dann mit der Hand immer wieder Nachschub zu. Der Welpe lernt unmittelbar, dass die Hand des Menschen keine Gefahr darstellt, sondern die Quelle für weiteres, gutes Futter ist. Es wird ihm nichts entzogen; stattdessen wird seine Mahlzeit verlängert und bereichert.

Auch bei Spielsachen oder anderen Gegenständen, die der Welpe gerade im Maul hat, muss stets das Tauschen dem einfachen Wegnehmen vorgezogen werden. Wird dem jungen Teckel ein Gegenstand abgenommen und dafür ein viel attraktiverer Tauschgegenstand angeboten, so hat er keinerlei Veranlassung, seine Besitztümer zu verteidigen. Er verknüpft die Handlung des Menschen mit einem Tausch, der sich für ihn auszahlt, und entwickelt so ein tiefes Vertrauen.

Ein weiterer wichtiger Bereich betrifft den Liegeplatz. Auch hier soll der Hund lernen, dass die Annäherung des Menschen unproblematisch ist und er seinen Ruheplatz nicht verteidigen muss. Entsteht ein Problem, weil der Welpe einen Ruheplatz wählt, der ihm nicht gestattet ist sollte die Reaktion des Menschen niemals aus Anschreien oder physischem Verjagen bestehen. Solch eine scharfe Reaktion kann beim Hund die Verknüpfung auslösen, dass die Nähe des Menschen gefährlich ist und der Ort verteidigt werden muss.

Stattdessen gilt es, den Welpen freundlich und konfliktfrei von diesem ungewünschten Platz wegzuführen. Man kann ihn mit einem Lockmittel wie einem Leckerchen locken und ihn auf seinen vorgesehenen Ruheplatz bringen. Im Anschluss muss der unerwünschte Platz gesichert oder unzugänglich gemacht werden, damit der Welpe die Chance zur Wiederholung des Fehlverhaltens nicht erhält.

Durch die konsequente Anwendung dieser Methoden – ohne Konkurrenz, ohne Strafe, stets mit positiver Verknüpfung und Fokus auf den Tausch – wird vermieden, dass der Welpe die Verknüpfung herstellt, der Mensch sei eine Bedrohung. Das Resultat ist ein sicherer, entspannter und ressourcenunempfindlicher Teckel, der seinen Platz im menschlichen Verband ohne Notwendigkeit zur Verteidigung einnimmt. Dies ist die Grundlage für eine erfolgreiche Partnerschaft in Wald und Haus.

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