
„Er beißt mir in die Hände, wenn ich mit ihm spielen oder kuscheln will! Er beißt mir in die Nase, wenn ich ihn auf dem Arm trage! Er beißt in meine Waden, wenn ich durch die Wohnung gehe!“
Was frischgebackene Welpenbesitzer schier zur Verzweiflung treiben kann, ist zunächst einmal ganz normales Welpenverhalten: Hundekinder erkunden, da keine Hände vorhanden sind, die Welt mit dem Mund. Und mit den Zähnen. Außerdem wird gerne gespielt und dazu gehören auch Raufspiele. Dass der andere das nicht immer lustig findet und den Menschen dabei wehgetan wird, wenn zu wild getobt wird, muss erst gelernt werden.
Häufig reicht es schon, zu quietschen oder „Aua!“ zu rufen und das Spiel kurz zu unterbrechen: Der Welpe merkt „wenn zu doll gespielt wird, hat der andere keine Lust mehr“. Aber wie bei Menschenkindern auch, kann es im Eifer des Spieles passieren, dass die Botschaft nicht ankommt. Dass weitergetobt wird, weil es gerade solchen Spaß macht.
Wird der Welpe jetzt weggeschubst, wie das leider häufig empfohlen wird, kann es gut passieren, dass das für eine Einladung zu einem lustigen Raufspiel gehalten wird und erst recht Gas gegeben wird. Wird doller geschubst, wird an grobe Raufspiele gewöhnt. Eine Wirkung wird nur erzielt, wenn sofort so doll geschubst wird, dass der Welpe ganz erschrocken und verdattert ist. Aber soll wirklich so mit einem Hundekind umgegangen werden?
Dasselbe gilt für Sprühflaschen, Wasserpistolen, Discs, Rappeldosen und wie sie alle heißen: Sie erschrecken den Hund und schüchtern ihn ein. Er traut sich dann vielleicht nicht mehr, zu beißen, aber gelernt, wie mit dem Menschen gespielt werden kann, hat er dadurch nicht.
Bitte sollte auch nicht erzählt werden, dass der Status als Rudelführer verloren wird, wenn der Kampf gegen einen Welpen „aufgegeben“ wird, anstatt sich zu wehren! Der Welpe will nicht mit dem Menschen kämpfen! Wenn ein Dreijähriger vor’s Schienbein tritt, wird ja (hoffentlich!) auch nicht gedacht, dass er kämpfen will.
Abgesehen von den Theorien zu Rudel und Rudelführer wird gerne argumentiert, die Hunde würden das ja unter sich auch so und so machen. Wenn nun aber einmal beobachtet wird, wie ein souveräner erwachsener Hund mit einem Welpen umgeht, dann ist er vor allem eines: sehr sehr geduldig. Und wenn der Zwerg lange genug in Lefzen und Ohren gebissen hat … wird aufgestanden, der Kopf außer Reichweite gehoben und gegangen.
Natürlich kommt es vor, dass eine völlig genervte Hundemama einen Welpen auch mal maßregelt. Oder, dass die Geschwister kurzerhand zurück beißen. Die Menschen jedoch müssen so nicht mit den Hunden umgehen: Menschen sind Menschen und haben andere Möglichkeiten.
Wenn ein Welpe über die Stränge schlägt, reicht ein scharfes „Pfui!“ aus, das Wort ist noch nicht bekannt, aber der Tonfall reicht, damit verstanden wird, was getan bzw. gelassen werden soll. Pfui! ist eins der Wörter, welches öfters bei Welpen benötigt wird. Bei Pfui! sollen die Welpen das, was sie in der Schnauze oder direkt davor haben, ausspucken oder ignorieren. Das zweite Wort wäre ein scharfes Nein! Wenn scharf gesagt wird, ist das wörtlich gemeint. Es darf nichts Freundliches in dem Ton sein, das würde der Hund nicht verstehen. Es gibt kein „Nein, vielleicht“, kein “ Nei-ei-einnnnn” sondern nur “ Nein!!!“ wenn etwas angestellt wird, was sofort abgebrochen werden soll. Das muss klingen wie ein Peitschenschlag. Hunde kennen keine Mittelwege, sondern nur klare Aussagen: ich darf oder ich darf nicht, okay oder nein.
Allzu wüstes Spiel kann meist auf ein Kuscheltier oder einen Zergel z.B. einer Beißwurst umgelenkt werden, in die der Welpe nach Herzenslust hineinbeißen darf. Sollten diese in einem solchen Moment nicht attraktiv genug sein, hilft vielleicht ein leckeres Stück Dörrfleisch (das darf ruhig ordentlich groß sein, damit es nicht versehentlich verschluckt werden kann) oder ein gefüllter Kong. Anstelle der eigenen Wade oder des Hosenbeines kann eine Handvoll Futterbröckchen zur Jagd freigegeben werden, die über den Fußboden gekullert werden. Kennen die Welpen bereits ab der 5. Woche! Wichtig ist allerdings, dass das Verhalten umgelenkt wird, BEVOR er beisst! Sonst lernt er womöglich, dass es immer dann Party gibt, wenn Menschen gebissen werden …
Ansonsten wird jedes Verhalten, das gefällt, gelobt und belohnt! Es soll gesagt werden, was richtig gemacht wird!
Als Notfallmaßnahme leistet ein Welpenlaufstall gute Dienste.
Sobald gemerkt wird, dass der Welpe wieder einmal „hochdreht“ und gleich zu beißen beginnen wird, wird er ruhig und freundlich hochgenommen und in den Laufstall gesetzt: So kann auf Distanz gehalten werden, ohne dass es zu „Handgreiflichkeiten“ kommt. Natürlich kann dem kleinen „Alligator“ auch einfach mal eine Tür vor der Nase zugemacht werden. Soziale Isolation allerdings ist für Hunde eine harte Strafe. Und eigentlich soll ja irgendwann gelernt werden, entspannt allein zu bleiben. Dafür ist „ausgesperrt werden“ kein guter Start. Im Laufstall ist er immer noch beim Menschen und kann gelobt werden, sobald er sich beruhigt.
Noch schöner ist es natürlich, wenn es gelingt, Spiele ruhig zu beenden, bevor gebissen wird. Hierzu ist ein Signal „das ist jetzt zu Ende, jetzt ist Pause“ hilfreich: Jedes Mal, wenn eine gemeinsame Aktivität (sei das Spielen, Kuscheln, oder eine kleine Trainingseinheit) beendet wird, wird das Signal (zum Beispiel „Pause“, „Ende“ etc.) ausgesprochen und einen Moment lang nichts getan. Das „Ende“ Signal wird zunächst nur in solchen Situationen benutzt, in denen der Welpe (noch) ruhig ist und es auch bemerkt. Später dann kann es auch eingesetzt werden, wenn er aufgeregt ist. Sollte es doch einmal schief gehen und der Welpe sich festgebissen haben, ist vor allen Dingen stillzuhalten. Hunde neigen dazu, nachzusetzen, wenn etwas vor ihnen weggezogen wird. Und wenn es schon gepackt wurde, wird ein Zerrspiel daraus – das geht mit Dummies und Zergeln, aber eben auch mit Hosenbeinen und Zehen…

Ganz vorsichtig werden die Fingerspitzen (z.B. Daumen und Mittelfinger einer Hand) von beiden Seiten in seine Mundwinkel geschoben. Dabei geht automatisch die Schnute auf.
Kleine Hunde können anschließend hochgenommen werden, indem mit einer Hand von hinten unter den Brustkorb gegriffen wird. Zeige- und Mittelfinger werden zwischen den Vorderläufen durchgeschoben, die anderen Finger umfassen hinter den Vorderläufen den Brustkorb. Mit der anderen Hand wird der Po stabilisiert. Der Kopf wird dabei vom Menschen weggehalten. Bei größeren Hunden wird die Hand zwischen den Vorderläufen durchgeschoben, so dass der Brustkorb auf dem Unterarm zu liegen kommt. Daumen und Finger umfassen von vorne je eine Seite des Brustkorbes.
So kann der Welpe einen Moment lang gehalten werden, bis er sich beruhigt hat, oder aber in seinen Laufstall gesetzt werden, ohne dass er weiter beißen kann. Es soll ruhig und liebevoll getan werden! Auch wenn wehgetan worden sein sollte, auch wenn vielleicht Frustration und Wut vorhanden sind, es geht nicht darum, „es ihm jetzt mal zu zeigen“. Es wird einfach nur geholfen, sich wieder zu beruhigen.
Sollten die genannten Tipps nicht fruchten und der Welpe (oder auch Junghund) nach wie vor schnell „hochdrehen“ und vehement reagieren, lohnt sich ein Blick auf den Tagesablauf:
Viele Welpen und Junghunde werden in bester Absicht völlig überfordert (zu viele und zu lange Spaziergänge, zu viel Action, zu wenig Ruhe) und reagieren dann wie Kinder, die überdrehen, wenn der Zeitpunkt des Zubettgehens verpasst wurde. Welpen sollten 20 bis 22 Stunden am Tag ruhen. Also schlafen, dösen, entspannt herumliegen. Spaziergänge sollten (Pi mal Daumen) nicht länger dauern als 5 Minuten pro Lebensmonat am Stück. Spielphasen (zum Beispiel im Garten), bei denen der Hund selbst Pausen einlegen kann, dürfen länger dauern, sofern er die Pausen tatsächlich macht. Sie ersetzen dann aber mindestens einen Spaziergang. Alles, was aufregend ist (und wenn die Welt gerade erst kennengelernt wird, gilt das für so ziemlich alles), sollte von einer ausgiebigen Pause gefolgt sein.
Sich ruhig dazu legen:
Kuscheln und gemeinsame Nickerchen tun auch uns Menschen gut!
